Es war einmal ...

 

... im Herbst 1946 - mein Vater Kurt ist aus dem Krieg zurück und wieder bei seiner Frau Johanna zu Hause. Er arbeitet bei seiner Schwiegermutter Linda als Fahrer und Geschirrführer und hilft im Lebensmittel-Laden aus. In dem Durcheinander dieser Zeit haben sie es versäumt, die Tätigkeit als "in Arbeit" beim Arbeitsamt anzuzeigen. Als dann auch in Wurzen Arbeitskräfte für den Uran-Bergbau der SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) rekrutiert werden, wird auch Kurt "eingezogen" und in den Bergbau nach Schlehma geschickt.

 

Am nächsten Tag früh wird im Familienkreis die Situation besprochen. Die Stimmung ist natürlich schlecht, alle sind niedergeschlagen.

Da kommen zwei Russen auf den Hof, ein Offizier (genannt Peter, eigentlich Iwan Iwanowitsch Altuchon) mit seinem Adjutanten Nikolai. Nichts Ungewöhnliches, da die Zwei schon oft hier waren, wegen Obst und anderer Verpflegung für die russischen Truppen, die seit Kriegsende in der Wurzener Kaserne stationiert sind.

Der Offizier sieht Johannas verheulte Augen und fragt was los ist. Sie schildert die Situation kurz. Der Adjutant übersetzt. Ohne Zögern sagt der Offizier, er gehe gleich zu "Naumann" und klärt das, dreht auf der Stelle um und macht sich auf den Weg zum Wurzener Arbeitsamt (damals im Badergraben, Eckgebäude, später Volksbank).

 

Wenig später bekommt Johanna ein "Dokument", welches ihren Mann Kurt als unabkömmlich, weil "mein guter deutscher Chauffeur", ausweist! Sie soll gleich mittags mit dem Zug von Wurzen nach Nieder-Schlehma fahren. Erst gegen Abend kommt sie dort an und muss noch eine Übernachtung in einem Gasthof nehmen. Am nächsten Morgen, sehr zeitig, sucht sie die Arbeitsverwaltung auf. Dort warten schon hunderte Männer auf die Einweisung. Sie findet ihren Mann schließlich und er kann, nach Vorweisen des Dokumentes vom Wurzener Arbeitsamt, mit ihr zurück nach Wurzen fahren.

*

Nikolai, der junge Adjutant des Wurzener Offiziers, hat später, als er aus Wurzen fort musste, der Johanna ein Foto von sich und seiner Freundin geschenkt. Darauf schrieb er in gebrochenem Deutsch: So gut wie es ihm gehen möchte, solle es auch ihr gehen.

 

  

 

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